Margot Begemann und der Maler Vincent van Gogh in Nuenen (NL)

Margot Begemann ist eine Nebenfigur der Kunstgeschichte, da sie sich in Vincent van Gogh verliebte, als dieser 1883 bis 1885 bei seinen Eltern in dem Dorf Nuenen lebte. Nuenen liegt wenige Kilometer östlich von Eindhoven in der Provinz Nordbrabant. Margot wird in den Kurzbiografien unterschiedlich und teils widersprüchlich bezeichnet als Freundin, Geliebte, Verlobte, Nachbarstochter, Nachbarsmädchen, Tochter der Nachbarin, Tochter der Nachbarsfamilie, junge Frau, ältere Frau oder auch einfach als Frau aus dem Dorf.

Es wird berichtet, dass Margot und Vincent eine Beziehung begannen und die Absicht hatten zu heiraten. Das stieß aber auf entschiedenen Widerstand "beider Familien" und führte im September 1884 schließlich zum Versuch der Margot, sich durch Gift (genannt wird Strychnin) das Leben zu nehmen. Nach einem Bericht von Vincent brach sie bei einem gemeinsamen Spaziergang bewusstlos zusammen, konnte dann aber, nicht zuletzt durch den herbeigerufenen Arzt aus Eindhoven, gerettet werden. Dazu der Brief Nr. 375 von Vicent van Gogh an seinen Bruder Theo vom September 1884 (in englischer Übersetzung)

Verständlicherweise sind die Angaben in den späteren Biografen des Vincent van Gogh einseitig auf den Maler fixiert und geben daher nur wenige, ungenaue oder manchmal auch falsche Hinweise auf die Person der Margot Begemann.

      Margot Begemann     Haus der Begemann neben der "Pastorie" - jetzt "Nune Ville"   Begemann-Fabrik (heutige Ansicht)

        Pastorie von Nuenen (V. van Gogh, 1885)       Garten hinter der Pastorie (V. van Gogh, 1885)

Margot (eigentlich Margaretha Carolina) Begemann wurde am 17.März 1841 in Nuenen geboren. Sie war das neunte Kind (von 11) des Willem Lodewijk Begemann und der Amalia Polexina Schröter. Der aus einer ursprünglich deutschen Pastorendynastie stammende W.L. Begemann war von 1828 bis 1874 (!) Pastor der reformierten Kirchengemeinde Nuenen und damit ein Vorgänger von Vincent van Goghs Vater Theodorus, der diese Stelle von 1882 bis zu seinem Tod 1985 bekleidete. Margot kam also wie Vincent aus einer protestantischen Pastorenfamilie. Sie war wie alle Kinder der Begemanns in der "Pastorie", welche später die van Goghs in Nuenen bewohnten, geboren und hatte darin die erste Hälfte ihres Lebens verbracht. Nach der Pensionierung des W.L. Begemann zog die Pastorenfamilie Begemann in ein 1874 errichtetes Nachbarhaus, heute "Nune Ville" genannt. Wenig später, im November 1876, starb Pastor Begemann, 1877 seine Ehefrau. Soweit bekannt, lebten danach im Haus Begemann neben Margot noch mindestens zwei weitere unverheiratete Schwestern.

Margot war, als sie die Beziehung zu Vincent van Gogh aufnahm, bereits 43 Jahre alt und damit ziemlich genau12 Jahre älter als der am 30.März 1853 geborene Maler. Die erwähnten familiären Vorbehalte gegen eine Heirat der beiden hatten ihren Grund aber weniger im großen Altersunterschied als in der Tatsache, dass Vincent van Gogh ein schon äußerlich erkennbarer Sonderling war, der ein unstetes und durch seine voraufgegangene Beziehung zu der Prostituierten "Sien" nicht standesgemäßes Leben führte. Auch war er finanziell nicht unabhängig.

In den Biografien kaum erwähnt wird Margots Bruder Jacobus Lodewijk Begemann, genannt Louis, der am Ort eine Webfabrik betrieb. In seinem 1863 (nach anderer Version 1871) errichteten Gebäude war Vincent häufiger zu Besuch, um Malstudien der Weber anzufertigen. Etliche von Vincents annähernd 200 Bildern aus der Zeit in Nuenen sollen im Haus von Louis Begemann noch gelagert worden sein, als der Maler 1885 von seiner Familie wegzog. Das Fabrikgebäude ist in Nuenen als "Begemannhuis" oder "Begemannfabriek" geläufig und ausgeschildert.

Vincent van Gogh erwähnt in den Briefen an seinen Bruder Theo den Louis Begemann als einen verständigen Menschen, mit dem er über seine Situation und sein Verhältnis zu Margot reden kann, was er für Margots Schwestern nicht gelten lässt. In ihnen sieht er die Hauptverantwortlichen für den psychischen Druck, dem Margot ausgesetzt ist.

Mit dem Wegzug des Vincent van Gogh nach dem plötzlichen Tod seines Vaters im Jahre 1885 endet die Beziehung zu Margot Begemann gleichsam von selbst. Doch noch Jahre später rechnet er sie zu den Personen, denen er sich noch emotinal verbunden fühlt. Er bittet seine Schwester in einem Brief von 1889, Margot Begemann eines seiner Bilder zukommen zu lassen (hier zitiert in der englischen Übersetzung).

"Now listen - if I am going to continue sending studies to you and Mother with great pleasure, I also feel a desire, which is almost an irresistible urge, to do some more of them to be given to persons I often think of. So if, since you will be in Leyden, you should meet our cousins the ladies Mauve and Lecomte, please tell them that, in case they like my work, I shall be pleased, very pleased, to do things for them, but most of all I should like Margot Begemann to have a picture of mine. But letting her have it through your mediation would seem more discreet than sending it to her directly."

Margot Begemann zieht 1899 nach Den Haag, wo sie bereits zwischen 1872 und 1876 gelebt hatte. Sie verstirbt dort am 11.Februar 1907. In Nuenen ist eine Straße nach ihr benannt, die "Margot Begemannstraat".

Die Pastoren Willem Lodewijk Begemann und sein mittelbarer Nachfolger Theodorus van Gogh wurden beide auf dem historischen Friedhof "Tomakker" in Nuenen begraben. Wegen Verwahrlosung dieses Friedhofes stiftete die Familie Begemann 1887 ein Stück Land an anderer Stelle des Dorfes, damit dort ein neuer, protestantisch-reformierter Friedhof entstehen konnte. Auf diesen Friedhof "De Roosdoncken" wurden Ende 1890 - um Schaulustige abzuhalten mitten in der Nacht - die sterblichen Überreste von Pastor Begemann und seiner Frau überführt. Das Grab von Pastor van Gogh blieb dagegen auf dem alten Friedhof. Beide Grabstätten sind heute noch erhalten.

Aus der Zeit der Pastorenfamilie Begemann in Nuenen ist auch noch ein Anbau, das Kutschenhaus, neben der "Pastorie" erhalten. Es wurde 1841 gebaut. Ein Grundstein in der Nähe der Tür zum Garten trägt die Inschrift "SHA Begemann 1841" und verweist damit auf Simon Hendrik Anton Begemann, den erstgeborenen Sohn von Willem Lodewijk. Namensgleich ist auch der im selben Jahr gestorbene Vater von Willem Lodewijk, der zuletzt in Norg (Provinz Drenthe) Pastor gewesen war und als Simon Heinrich Anton im deutschen Detmold geboren wurde.

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